Am Ende sterben wir sowieso Cover (© Arctis Verlag)

[Rezension] Am Ende sterben wir sowieso von Adam Silvera

Am Ende sterben wir sowieso* – das ist die erste deutsche Übersetzung eines der Bücher von Adam Silvera. Wer sich mit LGBT+-Literatur beschäftigt, ist in den letzten Jahren wahrscheinlich über das englische Original They Both Die at the End* gestolpert oder über eines seiner anderen beiden Bücher: More Happy Than Not* und History Is All You Left Me*. Diesen Monat erscheint sein neues Buch What If It’s Us*, das er zusammen mit Love, Simons Autorin Becky Albertalli geschrieben hat – ich schätze, Silvera weiß einfach, was die Leute lesen wollen. Bisher bin ich um all diese Schätze nur herumgeschlichen, doch als ich von der deutschen Übersetzung erfuhr, war für mich sofort klar, dass es jetzt keine Ausreden mehr gab – ich musste es lesen. Meine Erwartungshaltung war relativ hoch. Das Buch ist im September 2018 im Arctis Verlag erschienen, hat 336 Seiten und kostet 18,00 €.
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Kurzbeschreibung Inhalt

An dem Tag, an dem du sterben wirst, erhältst du einen Anruf vom Todesboten, ein Unternehmen, das damit dafür sorgen will, dass du deinen letzten Tag noch voll auskostest. Um kurz nach Mitternacht erhalten Rufus und Mateo beide diesen Anruf. Sie kennen sich noch nicht, doch treffen schließlich durch die App »Letzte Freunde« aufeinander. Unterschiedlicher könnten sie kaum sein und brauchen doch den jeweils anderen als Unterstützung, um das tun, was sie noch unbedingt tun wollen, bevor sie sterben.

Meine Meinung

Der größte Spoiler ist der Titel, wenn auch der original englische noch deutlicher ist. Beide Protagonisten sterben an diesem Tag, es führt kein Weg daran vorbei. Das ist vielleicht das Schlimmste und gleichzeitig Beste an der Geschichte. Mateo ist 18, Rufus 17 Jahre alt, kerngesund und natürlich viel zu jung zum Sterben. Das Buch steckt voller Gegensätze: Es ist grausam und gleichzeitig wunderschön. Herzzerreißend und versöhnlich. Überraschend und vorhersehbar.

Adam Silvera lässt die Emotionen unglaublich realistisch aufblühen. Wie würdest du dich fühlen, wenn dir jemand sagst, dass du heute stirbst, und du weißt, er hat Recht? Ich schätze, ich wäre wütend, traurig, ängstlich, hoffnungslos. Vielleicht verbittert, weil ich mein Leben nicht voll ausgekostet habe. Voller Tatendrang, weil ich meine letzten Stunden nicht verschwenden möchte. Und voller Liebe für die, die mein Leben lebenswert gemacht haben. All diese Emotionen verpackt der Autor geschickt in Momente, ohne kitschig zu werden oder zu dick aufzutragen. Trotz ihrer Angst oder ihres Bedauerns setzen Rufus und Mateo ein Zeichen dafür, etwas zu wagen und sich selbst nicht im Weg zu stehen. Sie machen dir wieder bewusst, was wirklich wichtig ist im Leben: zu leben.

Fast das ganze Buch über musste ich immer wieder weinen, über die kleinen Dinge oder die Aussichtslosigkeit. Über Abschiede und pures Glück. Man durchlebt die typische Achterbahn der Gefühle. Das Ende kommt nicht abrupt. Als es schließlich so weit war, war ich einverstanden. Ich konnte loslassen. Und das war für mich das vielleicht Überraschendste an diesem Buch: Ich fühlte mich am Ende nicht verloren und unfähig, meinem Alltag zu begegnen, sondern gestärkt und irgendwie… zufrieden. Es ist schlimm, dass Menschen früh sterben. Aber wenn du dein Leben so lebst, wie du es schon immer wolltest, sind 18 Jahre besser als nichts. Dann ist ein Tag besser als nichts und besser als ein Leben, in dem man nur vor sich hin vegetiert.

Die queere Komponente, für diejenigen, die gezielt danach suchen: Rufus ist bisexuell und zu Beginn kürzlich getrennt von seiner Freundin. Mateo ist, nun ja… das wird nie genau erläutert. Fakt ist aber, die beiden finden irgendwie einen Draht zueinander. Jedes Geheimnis, das du einem Todgeweihten erzählst, nimmt er schließlich mit ins Grab und so entsteht zwischen den beiden so verschiedenen Jungen eine sehr intime Offenheit und Nähe.

Noch ein wenig zum Hintergrund und Klagen auf hohem Niveau: Die Geschichte spielt in der heutigen Zeit, genauer gesagt am 5. September 2017, auf unserer Erde. Vielleicht in einem Paralleluniversum, weil es dieses Unternehmen der Todesboten schon seit ein paar Jahren gibt. Woher der Todesbote den Todestag kennt, darüber darf er nichts sagen. Logisch, ja, aber bei jedem Fantasy- oder Science-Fiction-Aspekt finde ich es schön, wenn er irgendwie versucht wird zu erklären. Ich hatte ein kleines Flashback zu meinem Erlebnis nach dem dritten Teil der Silber-Trilogie von Kerstin Gier, in dem eine Erklärung völlig unter den Tisch fällt. Das als kleiner Kritikpunkt, der jedoch lang nicht so schwer ins Gewicht fällt wie bei Silber. 🙂

Fazit

Am Ende sterben wir sowieso* ist ein wunderschönes, gefühlvolles, in seinen Möglichkeiten realistisches und mitreißendes Jugendbuch über den letzten Tag zweier Teenager in New York. Es ist spannend, trotz der makaberen Seite humorvoll und lässt einen auf jeder Seite mitfiebern, auch wenn man schon weiß, dass es aussichtslos ist. Es reißt einen permanent in die Tiefe, nur um einen im nächsten Moment wieder aufzubauen. Nach dem Beenden des Buchs habe ich mich allerdings nicht, wie erwartet, zerstört gefühlt, sondern mutig, mit dem Blick nach vorn gerichtet und versöhnlich. Es ist wie es ist. Du musst nur leben.

Humor: ●●●○○
Anspruch: ●●●○○
Spannung: ●●●●○
Liebe: ●●●●○
Erotik: ●○○○○
Originalität: ●●●●●

Weitere gern gelesene Eindrücke dazu:

Kaddies BuchweltRainbookworldReading Books

Eure Hannah 🙂

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12 Gedanken zu “[Rezension] Am Ende sterben wir sowieso von Adam Silvera

  1. […] Ich wage zu sagen, Am Ende sterben wir sowieso* von Adam Silvera ist die am heißesten ersehnte LGBT-Neuerscheinung in dieser Liste. Zumindest sehe ich das so. Es ist der erste Jugendroman, der von Adam Silvera ins Deutsche übersetzt wurde. Die Handlung ist so interessant wie skurril: Um Mitternacht des Tages, an dem man sterben wird, bekommt man einen Anruf von der sogenannten »Death Cast«, einem Unternehmen, das Menschen für ihren letzten Tag miteinander in Kontakt bringen möchte. Über diese App lernen sich Mateo und Rufus kennen, bevor sie, wie wir von Anfang an wissen, am Ende beide sterben werden. Die bisherige Resonanz zum englischsprachigen Titel They Both Die at the End* war so positiv, dass ich nicht anders kann als es schnellstmöglich zu lesen. Tränen sind dabei wohl vorprogrammiert. Das Buch erscheint am 21. September 2018 im Arctis Verlag, hat 336 Seiten und kostet 18,00 €. (Inzwischen gelesen und rezensiert!) […]

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  2. […] Am Ende sterben wir sowieso ist wohl eines der langersehntesten Übersetzungen, die 2018 erschienen sind. Der Autor Adam Silvera ist bekannt für die emotionale Tiefe seiner Jugendromane und die Queerness, die selbstverständlich und nie das Hauptthema ist. Abgesehen davon schreibt der Autor einfach wahnsinnig mitreißend, aktuell und vielschichtig. Ein kleines Fantasyelement fließt in hier mit ein, denn in dieser Geschichte gibt es einen Todesboten, der dich an deinem Todestag anruft und die App »Last Friend«, in der Todgeweihte noch einen letzten Freund finden können – so treffen auch Rufus und Mateo aufeinander. Sehr besonders und Taschentuchbedarf vorprogrammiert! […]

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