Ein Happy End ist erst der Anfang Cover (© Carlsen Verlag)

[Rezension] Ein Happy End ist erst der Anfang von Becky Albertalli

»Leah on the Offbeat« erschien im Original fast zeitgleich mit der Verfilmung von Love, Simon, in die wir uns wahrscheinlich alle hoffnungslos verliebt haben. Und jetzt – fast ein Jahr später, dürfen wir Leahs Geschichte nun endlich auch in der Übersetzung verschlingen. Mit »Love, Simon« hat Becky Albertalli einen Meilenstein gesteckt, denn Simon wird von allen geliebt, queer oder hetero, weil er einfach die beste Person ist, die man sich vorstellen kann. Diese Sequel erzählt die Geschichte von Simons bester Freundin Leah, die selbst bisexuell ist. Das Buch erschien im März 2019 im Carlsen Verlag, hat 416 Seiten und kostet 18,00 €.

Kurzbeschreibung Inhalt

Simon und Blue haben sich gefunden und sind nun schon seit Monaten das glücklichste Paar, das man sich vorstellen kann. Für Leahs Geschmack fast etwas zu süß. Unrealistisch. Die Highschool-Zeit geht langsam zuende, alle bewerben sich für’s College und scheinen genau zu wissen, was sie wollen. Leah dagegen schlägt sich mit dem neuen Freund ihrer jungen Mutter herum, der sie kennenlernen will, mit ihrer Band, die langsam auseinanderbricht, ihrer Bisexualität, von der ihre Freunde noch nichts wissen und einer kribbeligen Verliebtheit, die sie eigentlich gar nicht haben will und die sowieso keine Chance hat. Oder?

Meine Meinung

An Ein Happy End ist erst der Anfang* hatte ich gemischte Erwartungen. Mit Love, Simon bzw. »Nur drei Worte« hat Becky Albertalli ein beinahe vollkommenes, süßes Jugendbuch über die erste Liebe, Familie, Freunde und die großen drei Worte des Coming Outs vorgelegt. Meinen Lieblingscharakter Simon hat sie damit schon in der ersten Geschichte versorgt, und so blieb für die Fortsetzung seine eigensinnige, beste Freundin Leah. Leah hatte schon im ersten Buch einen schwierigen Charakter, der nicht immer ganz leicht nachzuvollziehen war. Das setzt sich so im zweiten Buch fort und wir tauchen tiefer ab in Leahs Beweggründe, wobei sie selbst ihre Gedanken vor sich versteckt. Leah denkt impulsiv und weicht fast allem aus, was sie irgendwie aus der Fassung bringen könnte. Leah mag es einfach. Sie zeichnet, um zu verarbeiten und verliert sich im Beat, während sie am Schlagzeug sitzt.

Schon in Dumplin’* von Julie Murphy gab es eine der wenigen Protagonistinnen in Büchern, die nicht dünn sind. Nicht einmal mollig, sondern richtig dick und vor allem: gerne dick. Dick UND schön. Sie schämen sich nicht, nicht in die kleinste Kleidergröße zu passen oder einen BH wirklich zu brauchen. Sie sind, wie sie sind, und das ist gut so. Auch Jennifer Nivens Stell dir vor, dass ich dich liebe* stellt ein dickes Mädchen in den Fokus; und nicht nur irgendeines, sondern Amerikas dicksten Teenager, der einmal mit einem Kran aus dem Schlafzimmer geholt werden musste. Libby, die zum Beginn der Handlung zwar auf ein mehr oder weniger gesundes Gewicht abgenommen hat, aber eben immer noch dick ist. Auch Leah ist selbstverständlich dick, wird dadurch aber in keinster Weise zum Opfer. Sie ist schön und begehrenswert, denn sie hat nicht nur eine/n Verehrer/in, und ihr Gewicht spielt dabei keine Rolle. Bitte mehr davon, denn Jugendlichen früh ein Gefühl von Body Positivity zu vermitteln, halte ich für sehr wichtig!

Das Thema Coming Out knüpft an den ersten Teil an. Leah fühlt sich wohl mit ihrer Bisexualität, ihre Mutter weiß Bescheid, weil es irgendwie immer klar war, aber Simon und ihren Freunden gegenüber bringt sie es irgendwie nicht über die Lippen. Weil es dann eine viel zu große Sache wäre. Obwohl Simon Leah ja wohl am besten verstehen würde. Trotzdem spricht Leah nicht über ihre Gefühle. Nicht über die fehlenden einem bestimmten Jungen gegenüber und nicht über die seit ganz schön langer Zeit vorhandenen, aber verdrängten, einem Mädchen gegenüber. Das nebenbei ganz sicher hetero ist. Oder vielleicht auch nicht. Wer weiß das schon?

Ein ganz dicker Pluspunkt geht an das Wohlgefühl, das man beim Lesen erlebt und an den Humor. Becky Albertalli hat es einfach drauf, mit wenigen Worten einen Situationskomik-Höhepunkt nach dem anderen zu erzeugen. Ich habe an den unmöglichsten Orten beim Lesen vor mich hingekichert und dabei verwirrte Blicke auf mich gezogen. Leah ist einfach verdammt witzig! Und ich habe es geliebt, Simon aus Leahs Sicht zu erleben. Ich wünsche mir auch einen Simon in meinem Leben; ich glaube, jeder braucht einen. Auf der anderen Seite schafft es die Autorin auch mit diesen wenigen Worten die Aufbruchstimmung in Richtung College, aber auch die kribbeligen Gefühle des Verliebtseins zu transportieren.

Leider ist diese Geschichte allerdings nicht ganz so vollkommen, wie ich die um Simon und Blue empfunden habe. Es dauert eine ganze Weile, bis man beginnt zu verstehen, worum es in dem Buch überhaupt geht bzw. worauf die Geschichte hinausläuft. Ist es eine Liebesgeschichte? Eine über’s Coming Out? Oder einfach nur Coming Off Age und der Aufbruch ins »Erwachsenenleben«? Ich weiß es immer noch nicht so genau. Außerdem war es nicht immer leicht, der vor allem davonlaufenden Protagonistin gegenüber Verständnis zu empfinden. Die Entwicklung der Liebesgeschichte war für mich auch hier nicht sehr realistisch, wobei es wahrscheinlich vielen Jugendlichen in ähnlichen Situationen hilft, an ein Happy End zu glauben. Nichtsdestotrotz habe ich Ein Happy End ist erst der Anfang* wirklich gern gelesen und wurde nur so mitgerissen.

Fazit

Leahs Geschichte nach dem Ende von »Love, Simon« weiterzuverfolgen, habe ich sehr genossen. Die Story ist leicht und wirft trotzdem Fragen auf, mit denen sich Jugendliche irgendwann konfrontiert sehen: Wie geht es nach der Schule weiter? Es geht um Abschied, doch vor allem erstmla darum, das Leben im Jetzt zu genießen. Etwas zu wagen und dafür belohnt zu werden. Nicht vom Wahrscheinlichen auszugehen, sondern vom Möglichen. Happy End ist erst der Anfang* hat mich so oft kichern lassen, wie noch keines zuvor, denn Becky Albertalli schafft es, die unscheinbarsten Situationen mit einer gehörigen Portion Situationskomik zu überschwemmen. Auch wenn mir immer noch nicht klar ist, was die Autorin uns mit Leahs Geschichte sagen wollte und für mich Leahs Charakter nicht immer ganz einfach nachzuvollziehen war, kann ich die Geschichte allen nur ans Herz legen, die schon von Simons Geschichte verzaubert waren.

Humor: ●●●●●
Anspruch: ●●○○○
Spannung: ●●●○○
Liebe: ●●●●○
Erotik: ●○○○○
Originalität: ●●○○○

Weitere gern gelesene Eindrücke dazu:

CorniHolmes* • Lass mal lesen!* • Piglet and her Books*

Eure Hannah 🙂

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9 Gedanken zu “[Rezension] Ein Happy End ist erst der Anfang von Becky Albertalli

  1. eine schöne Rezension. so ähnlich ist auch meine Meinung zu dem Buch. Habe es an einem Tag wirklich schnell gelesen und mochte es eigentlich auch, und musste auch soo lachen, die liebesgeschichte war eig auch süß, nur so verdammt unrealistisch 😀

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  2. […] Mit Ein Happy End ist erst der Anfang* von Becky Albertalli erscheint nun endlich die langersehnte Fortsetzung von Love, Simon bzw. Nur drei Worte mit Leah als Protagonistin auch auf Deutsch. Passend zum deutschen Kinostart von Love, Simon erschien Leah on the Offbeat* im April 2018 schon auf Englisch; vielleicht haben es einige von euch auch schon gelesen. Es geht darin um die übergewichtige Schlagzeugerin Leah, Simons beste Freundin, die sich in ihrer eigenen Geschichte mit ihrer Bisexualität auseinandersetzt. Ich möchte es auf jeden Fall lesen, denn der erste Teil war für mich ein richtiges Highlight und Leahs Geschichte interessiert mich sehr. Das Buch erscheint am 22. März 2019 im Carlsen Verlag, hat 352 Seiten und kostet 18,00 €. (Inzwischen gelesen und rezensiert!) […]

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