Royal Blue Cover (© Knaur Verlag)

[Rezension] Royal Blue von Casey McQuiston

Als »Red, White and Royal Blue« von Casey MyQuiston letztes Jahr im Original auf Englisch erschien, löste es einen Hype aus, der mich stark an den um Love, Simon von Becky Albertalli erinnert: Absolut alle schienen die Geschichte abgöttisch zu lieben. Doch was steckt dahinter? Schon klar, die Faszination der Gesellschaft um Königshäuser ist ungebrochen, doch als ich von der Übersetzung erfuhr, konnte ich nicht anders, als mir mein eigenes Bild zu machen. Ich wollte verstehen, woher der große Hype kommt und ob er gerechtfertigt ist. Royal Blue* erschien im April 2020, hat 464 Seiten und kostet 12,99 €.

Kurzbeschreibung Inhalt

Alles beginnt mit einem »Was wäre wenn«. Was wäre, wenn 2016 nicht Trump an die Macht gekommen wäre, sondern eine Frau aus den Südstaaten mit halb-mexikanischen Kindern Präsidentin der vereinigten Staaten von Amerika geworden wäre? Was wäre, wenn kurz vor ihrer erhofften Wiederwahl ihr Sohn Alex sich ausgerechnet in den britischen Prinzen Henry verliebt und damit beide Nationen vor die Herausforderung einer in diesem Ausmaß nie dagewesenen Akzeptanz und Offenheit stellt? Wäre diese Welt eine bessere als die, in der wir heute leben? Alex und Henry können sich eigentlich nicht leiden, und als ein kleines Missverständnis in eine augenscheinliche Prügelei ausartet, die durch die Presse geht, müssen sich die beiden für die Presse zusammenraufen und eine Freundschaft inszenieren, um die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und Großbritannien nicht zu gefährden. Dass sie sich letztendlich so gut verstehen würden, konnte ja niemand ahnen…

Meine Meinung

Woher kommt die Faszination um Royals, in diesem Fall insbesondere um queere Royals? Warum wird dieses Buch wie wahnsinnig verschlungen? Warum kommt diese alternative Realität zur Präsidentschaft in den USA bei den Lesenden so gut an? 

Das britische Königshaus ist eines der wenigen, die in Europa oder sogar der ganzen Welt übrig geblieben sind. Kate und William, Meghan und Harry, jeder Schritt von ihnen wird gebannt verfolgt. Vielleicht, weil man im tiefsten Inneren selbst Teil der königlichen Familie sein will, vielleicht, weil durch die mediale Inszenierung ein Wir-Gefühl entsteht: dass man sich tatsächlich zur royalen Familie zugehörig fühlt. Selbiges gilt für die Präsidentenfamilie und das Weiße Haus, denn dort schlägt das Herz der Macht. Dort finden sich diejenigen zusammen, die etwas bewegen, unabhängig davon, ob im positiven oder negativen Sinn.

Mit seiner Wahl zum Präsidenten hat Trump das Volk gespalten, und so viele Befürworter er hat, so viele haben das Gefühl, dass fortschrittliche Werte mit ihm den Bach runtergehen. Wäre es nicht schön, sich vorzustellen, dass gerade eine Präsidentin den Minderheiten eine Stimme verleiht und die Akzeptanz für Diversität im Land vorantreibt? Die Möglichkeit zu erleben, dass eine Frau aus dem konservativen Texas die Chance bekommt, die Sichtweise der Menschen hin zu einer offeneren Einstellung zu beeinflussen?

Wenn also eine Nation, in der aktuell Fremdenhass und Ablehnung von Andersartigkeit geschürt wird, durch eine gleichgeschlechtliche Liebe mit der konservativ-angestaubten Erscheinung des britischen Königshauses verbunden wird, deren Nachfolger sich zu benehmen haben und ja genug Thronfolger produzieren sollen, so ist das auf der einen Seite gewagt. Doch auf der anderen Seite öffnet es Augen, ebnet den Weg für Fortschritt und gibt vielen Menschen genau was sie brauchen: einen Ausblick in eine bessere, offenere Welt.

Allein dadurch kann ich mir den Hype um Alex und Henrys Geschichte erklären, auch wenn der unschlagbare Humor auch einiges dazu beigetragen hat. Die beiden Jungs und sämtliche Nebencharaktere kann man nur in sein Herz schließen, denn sie haben ihr Herz am rechten Fleck und mit jeder Handlung das große Ganze und ihre Überzeugungen im Sinn. Dramaturgisch ist die Geschichte gut aufgebaut – Langeweile kam bei mir insbesondere durch die witzigen Wortwechsel nur selten auf.

Trotzdem konnte mich das Buch nicht vollkommen überzeugen, weil der Schreibstil ziemlich holprig ist. Da konnte leider auch die Übersetzung nicht mehr viel retten. Die Autorin hat in meine Augen viel Talent, über etwas zu schreiben, das die Menschen lesen wollen, wenn sie Balsam für die Seele brauchen. Wenn sie von einer Welt träumen, die sich im Positiven von der unseren unterscheidet. Sie gibt Hoffnung. Jedoch fehlt ihr das nötige Feingefühl, um stilistisch zu überzeugen.

Einige Stimmen zu diesem Buch waren enttäuscht von der nicht ausreichenden Recherche über das britische Königshaus und das Leben, das sie dort führen. Wie realistisch dieses Leben dargestellt wird, kann ich nicht beurteilen. Allerdings habe ich das Gefühl, dass die Autorin nicht zwangsläufig ein realistisches Bild im Fokus hatte. Vielmehr sollte ein Bild des Möglichen entstehen und den Lesenden die Möglichkeit bieten, sich in eine bessere Welt zu träumen.

Fazit

Schon lange bin ich fasziniert von der Faszination um queere Royals und insbesondere vom großen Hype um Alex‘ und Henrys Geschichte: der gleichgeschlechtlichen Liebe zwischen dem bisexuellen Präsidentinnensohn und dem schwulen britischen Prinzen. Die Faszination liegt wohl besonders darin, dass man zu diesen Regenten aufsieht, dass man sich durch die Berichterstattung der Medien als Teil von ihnen sieht, dass man vielleicht sogar ein kleines bisschen so sein will wie sie. Auch wenn sich der Schreibstil für mich teilweise sehr holprig und etwas unbeholfen angefühlt hat, verstehe ich, warum viele das Buch so sehr lieben. Es ist unglaublich witzig, herzerwärmend und Hoffnung gebend. Allen, die sich aktuell in eine bessere Welt wegträumen möchten und nicht viel Wert auf exakte Recherche oder einen anspruchsvollen Schreibstil legen, kann ich die Geschichte guten Gewissens empfehlen.

Humor: ●●●●●
Anspruch: ●●○○○
Spannung: ●●○○○
Liebe: ●●●●○
Erotik: ●●○○○
Originalität: ●●●○○

Weitere gern gelesene Eindrücke dazu:

Ivy Booknerd* • Like a Dream* • Sarah Ricchizzi*

Eure Hannah 🙂

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6 Gedanken zu “[Rezension] Royal Blue von Casey McQuiston

  1. Hallo!
    Ich hab ehrlich gesagt schon auf deine Meinung gewartet.
    Ich hab mir das Buch vorbestellt und mich richtig drauf gefreut.. Vor drei Wochen habe ich dann auch begonnen zu lesen. Seit zwei Wochen liegt es nun hier rum mit dem Lesezeichen auf ca Seite 180… Der Schreibstil konnte mich einfach nicht mitreißen und egal wie sehr ich dieses Buch lesen und lieben will… Ich komme einfach nicht weiter. Es hat mich in eine Leseflaute gerissen, gerade vor meiner wohlverdienten Urlaubswoche… Ich werde es irgendwann hoffentlich weiterlesen und beenden.
    Die Charaktere finde ich alle super! Ich hänge sogar ein bisschen an Henry und Alex und will wissen wie es weiter geht…
    Ich überlege nur…ob es vielleicht besser gewesen wäre es auf Englisch zu lesen… Hm…
    LG Betty

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    • Ohje Betty,
      das tut mir wirklich leid! Das ist ja unpassend, dass du dadurch gerade zum Urlaub in eine Leseflaute gestürzt bist… ich hatte zwischenzeitlich auch meine Schwierigkeiten, mich zum Weiterlesen zu motivieren. Ich hatte aber das Gefühl, dass es in der zweiten Hälfte besser wurde. Was auch geholfen hat, war den Text vorzulesen. 😅 auch Englisch könnte es natürlich sein, dass dir als Nichtmuttersprachlerin(?) der Schreibstil nicht so negativ auffällt. Ich hoffe, dass du dich davon nicht so runterziehen lässt und depxle dir die Daumen, dass du dem Buch vielleicht doch noch was abgewinnen kannst! 😊
      Liebe Grüße und einen schönen Urlaub
      Hannah

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  2. Hey, schöne Rezension! Ich habe das Buch gerade erst begonnen und bin noch ganz am Anfang, aber ich muss dir schon mal Recht geben, dass der Schreibstil nicht der angenehmste ist. Dennoch bin ich schon ganz gespannt, wie die Geschichte sich weiter entwickeln wird. Von den Charakteren/der Idee bin ich aktuell aber noch absolut überzeugt 🙂
    Liebst, Lara von https://fairylightbooks.de

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    • Liebe Lara,
      danke für deinen Einblick! 😊 ich drücke dir auf jeden Fall die Daumen, dass dich das Buch noch besser abholt. Die Grundaussage des Buchs ist einfach klasse! 😊
      Liebe Grüße,
      Hannah

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  3. […] Die Erscheinung von Royal Blue* der Autorin Casey McQuiston wird sehnlichst erwartet – denn die Originalausgabe machte schon bei unzähligen deutschsprachigen Lesenden die Runde. Royale Geschichten scheinen die Menschen zu begeistern, und wenn sie dann auch noch queer sind, scheint das den Vogel abzuschießen. In diesem Fall spielt sie in einer Welt, die viele sich nur so wünschen könnten: In den USA wurde die erste Präsidentin gewählt, dessen charismatischer Sohn Alex schlagartig zum Liebling der Gesellschaft wird. Als dieser jedoch in einen Streit mit dem britischen Thronfolger Prinz Henry gerät, entwickelt sich die diplomatische Beziehung zwischen den USA und England katastrophal ins Negative – etwas, das nur durch die vorgespielte Versöhnung der beiden jungen Männer in den Medien gerettet werden kann. Und plötzlich stellen sie fest, dass sie vielleicht doch sehr viel mehr miteinander anfangen können, als anfangs gedacht… Tja, und ich? Auch ich muss dem Hype irgendwann aufspringen und mir mein eigenes Bild über diese Geschichte machen. Ich bin gespannt. Das Buch erscheint am 1. April bei Knaur, hat 464 Seiten und kostet 12,99 €. Inzwischen gelesen und rezensiert! […]

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