Was Preema nicht weiß Cover (© Sameena Jehanzeb)

[Rezension] Was Preema nicht weiß von Sameena Jehanzeb

Auf die Autorin Sameena Jehanzeb wurde ich 2017 durch ihren ersten Roman Brïn aufmerksam, der mir besonders durch seinen Genremix und seine starken weiblichen Charaktere in Erinnerung geblieben ist. Einige Zeit später erschien ihre Märchenadaption Winterhof mit einer lesbischen Eiskönigin, mit der sie sich bitterkalt in mein Herz geschrieben hat. So stand es für mich außer Frage, auch ihre neueste Erscheinung Was Preema nicht weiß* zu lesen, welche sie im Mai 2020 im Selbstverlag herausgebracht hat. Das Buch hat 360 Seiten und kostet 12,99 €.

Kurzbeschreibung Inhalt

Preema erwacht in einem weißen Nichts. Was sie noch weiß: ihren Namen. Und sie ist sich sicher, dass die Welt untergegangen ist. Eine gefühlte Ewigkeit später landet sie auf einer scheinbar makellosen Lichtung, wo sie auf weitere Überlebende trifft. Das Leben auf der Lichtung ist schön. Fast zu schön um wahr zu sein. Doch zwei Dinge trüben die Perfektion. Dunkle Schemen, die die Überlebenden beobachten. Und ein gigantischer Strudel, der mit schönen Erinnerungen lockt und alle, die ihm zu nah kommen, in die Tiefe reißt. Nach und nach fördert Preemas Unterbewusstsein teils schmerzhafte Erinnerungen zutage, die Preema letztendlich das Rätsel um die Lichtung lösen lässt…

Meine Meinung

Was es in Verlagen heutzutage immer noch schwer haben, sind sogenannte Own-Voices-Romane deutschsprachiger Autoren. Also solche Geschichten, die nicht Übersetzungen  internationaler Bestseller sind. Leider herrscht in größeren Verlagen häufig immer noch der Eindruck vor, dass sich Bücher mit queeren weiblichen Hauptcharakteren und PoCs (People of Color) nicht so gut verkaufen würden, da Geschichten über Minderheiten beim Publikum nicht so gefragt seien. Wenn Autoren dann geraten wird, die Figuren umzuschreiben, sie in (weiße) Männer zu verwandeln – wen wundert es dann noch, dass aufs Selfpublishing ausgewichen wird? Auch wenn selbstverlegte Bücher oft nicht an die Qualität einer Veröffentlichung im großen Verlag heranreichen, gibt es einige wenige, die sich selbst übertreffen. Und zu diesen Perlen unter den selbstverlegten Büchern zählt für mich Was Preema nicht weiß*.

Die Autorin schreibt selbstverständlich über ihre eigene Lebensrealität. Die Protagonistin ist bisexuell, ohne ihre Sexualität besonders in den Vordergrund zu stellen, und hat indische Wurzeln, ohne daraus eine große Sache zu machen. Deshalb liest sich das Buch kein Stück uninteressanter, als wenn es sich um eine weiße heterosexuelle Frau handeln würde. Eher im Gegenteil – weil es in dem Fall nichts auf meinem Blog verloren hätte. 😉 Ein passendes Genre zu finden ist schwierig. Der Roman ist in der Zukunft im Jahre 2036 angesiedelt und bindet fantastische Elemente mit ein. Man könnte es also als fantastische Science Fiction bezeichnen, doch irgendwie ist auch das nicht ganz passend. Zeitweise kommt eine thrillerartige Atmosphäre auf und außerdem spielt eine Liebesgeschichte und Schicksal eine nicht unerhebliche Rolle. Damit tanzt die Geschichte ein wenig aus der Reihe und will sich nicht so recht festlegen.

Als immer mehr von Preemas Erinnerungen hochkommen, lässt sich auch eine gewisse Dramatik nicht bestreiten. So glauben einige Bewohner der Lichtung, dass alle etwas Schlimmes getan haben und mit dieser Lichtung vor dem Jüngsten Gericht stünden. Auch Preema muss irgendwann schmerzlich erfahren, was ihre schlimme Tat gewesen ist; etwas, das nicht nur ihr eigenes Leben nachhaltig beeinflusst hat. Letztendlich muss Preema noch einmal lernen, damit zu leben. Die ständig wechselnde Atmosphäre macht es einem nicht leicht, selbst auf die Lösung des Rätsels zu kommen. Man weiß nicht, wem der Bewohner Preema trauen darf, ob sie sich gar selbst trauen darf. Denn wie viel von ihrem alten Leben weiß sie wirklich noch? In Preemas Welt bin ich gerne eingetaucht und habe mich durch den bildhaften Schreibstil voll und ganz darin verloren.

Letztendlich hat das Buch trotz der durchaus lebensbejahenden Seite eine schwere Grundstimmung. Und das nicht ohne Grund, denn das Buch hat Sameena Jehanzeb ihrem Vater gewidmet, der den Kampf gegen seine Dämonen früh verloren hat. Was Preema nicht weiß* ist für sie ihre bisher persönlichste Geschichte. Es scheint viel von ihren eigenen Eigenheiten in Preema zu stecken; ebenso verarbeitet sie darin einige ihrer eigenen Erlebnisse. Ich für meinen Teil bin sehr froh, dass sie diese in eine wohltuende Auflösung umgewandelt hat, denn wir dürfen uns über ein versöhnliches Ende freuen, bei dem ich das ein oder andere Tränchen verdrückt habe. Preema wühlt auf, fügt einen aber über die Seiten hinweg Stück für Stück wieder zusammen, bis man das Gefühl hat, wieder heil zu sein.

Fazit

Was Preema nicht weiß* ist schon das dritte Buch, das ich aus Sameena Jehanzebs Feder gelesen habe und bleibt sicher nicht das letzte. Ihre Geschichten sind immer ein bisschen düster und schwer, was auch hier nicht zu kurz kommt. Doch in dieser sehr persönlichen schafft sie es gleichzeitig, uns mit einem versöhnlichen und lebensbejahenden Gefühl zurückzulassen. Science Fiction, Fantasy, Thriller, Drama, Romantik – so ganz will sich dieses Buch nirgendwo einfügen und sticht damit aus der Masse hervor. Gleichzeitig ist es topaktuell – denn der Umgang mit Krisen und die Bedeutung des Klimaschutzes sind selbstverständlich Teil unserer nahen Zukunft. Wer auf der Suche nach einem authentischen, aufwühlenden, doch auch herzlichen Own Voices Roman mit bisexueller PoC ist, der greife bitte zu. Eine dicke Empfehlung!

Humor: ●●●○○
Anspruch: ●●●○○
Spannung: ●●●●○
Liebe: ●●●●○
Erotik: ●○○○○
Originalität: ●●●●○

Weitere gern gelesene Eindrücke dazu:

Ardeija* • Danis Lesestube* • LibTips*

Eure Hannah 🙂

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